Einwendungen Antragskonferenz am 24.4.12

NABU Delmenhorst: Einwendungen zur Antragkonferenz OU Delmenhorst
B213/B322 am 24.04.12


Verfahrensstand B212n und rechtliche Voraussetzungen der OU
Linienbestimmung B212n
Im April 2010 erfolgte der Antrag auf Linienbestimmung für die B212n beim Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS).Die B212n ist im Vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans 2003 mit dem sog, Ökosternchen gekennzeichnet. Der Bedarf ist demnach durch einen besonderen naturschutzfachlichen Planungsauftrag eingeschränkt. Im Rahmen der Linienbestimmung erstellt das BfN (Bundesamt für Naturschutz) einen Bericht über die Abarbeitung des besonderen naturschutzfachlichen Planungsauftrages. Laut BfN (10.04.12) bestehen zum Teil noch erhebliche Mängel und der besondere naturschutzfachliche Planungsauftrag ist angesichts der identifizierten Defizite vorerst aufrecht zu erhalten.
So sind z.B. Aspekte des Artenschutzes im Rahmen der Alternativenprüfung (ROV) differenziert abzuarbeiten und lassen sich nicht ohne weiteres auf die Ebene der Planfeststellung verlagern. (BfN (2012): Neubau der B212neu (Harmhausen), Linienbestimmung nach § 16 FStrG – Stellungnahme, S.8)
Eine Linienbestimmung der B212n liegt nicht vor und ist z.Z. auch nicht absehbar. Aus dem oben geschilderten Verfahrensstand wird deutlich, dass die Planung einer Ortsumgehung (OU) Delmenhorsts für eine derart unbestimmte Linie der B212n derzeit nicht möglich ist.
§6 Fernstraßenausbaugesetz
Im April 2009 wurde das Raumordnungsverfahren B212n mit der Landesplanerischen Feststellung abgeschlossen. Obwohl die Regierungsvertretung in der Landesplanerischen Feststellung zu dem Ergebnis kommt, dass die Vorzugsvariante raumordnerisch vertretbar sei, hält das BMVBS einen Bau der B212n ohne eine Lösung der verkehrlichen Probleme Delmenhorsts, die allein durch die B212n ausgelöst werden, nicht für möglich. Eine rechtssichere Planung der B212n liegt also bisher nicht vor.
Auch seitens der Regierungsvertretung bestehen offenbar schon länger Zweifel an den Planungen. In der Landesplanerischen Feststellung wird empfohlen die Aufnahme einer OU Delmenhorsts im Zusammenhang mit der nächsten Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplanes (BVWP) zu prüfen. Da diese OU politisch nicht durchsetzbar erschien, der Niedersächsische Wirtschaftsminister Herr Bode lehnte 2010 die Anmeldung der Umgehungsstraße für den nächsten Bedarfsplan des BVWP ab, sollen die Planungen jetzt mit Hilfe des §6 Fernstraßenausbaugesetz (FStrAbG) aufgenommen werden.
Rechtlich ist die Aufnahme von nicht im Bedarfsplan vorgesehener Vorhaben in den Straßenbauplan nur zulässig, wenn ein zum Zeitpunkt der Aufstellung des Bedarfsplans unvorhergesehener höherer Verkehrsbedarf  vorliegt. (s. im Anhang: Deutscher Bundestag Drucksache 17/440) Ist dies nicht der Fall, darf ein derartiges Vorhaben erst gar nicht in  den Straßenbauplan aufgenommen werden und damit auch nicht der Entscheidung des Parlaments im Zuge der Haushaltsberatungen vorgelegt werden.
Die Kernfrage lautet also, ob zum Zeitpunkt der Aufnahme der B212n in den Bedarfsplans ein unvorhergesehener höherer Verkehrsbedarf vorlag.
Die Anwendung des §6 FStrAbG ist äußerst restriktiv zu handhaben, da er eine Abweichung von gesetzlich festgestelltem Bedarf erlaubt und damit zunächst nicht der parlamentarischen Kontrolle durch den Gesetzgeber unterliegt. Daher muss mit einer engen Auslegung des §6 FStrAbG gerechnet werden.
Festzustellen ist, dass der Wortlaut des §6 FStrAbG nicht auf irgendwelche formellen Planungsschritte abstellt, an denen der Zeitpunkt der Unvorhersehbarkeit festgemacht werden könnte, sondern schlichtweg darauf, dass der Verkehrsbedarf unvorhergesehen war.
Die oben erwähnte Unvorhersehbarkeit des höheren Verkehrsbedarfs müsste also zum Zeitpunkt der Aufstellung des Bedarfsplanes durch den Bundestag im Herbst 2004 vorgelegen haben. Eine erhebliche Verkehrsbelastung von Delmenhorst wurde jedoch seit 1995 wiederholt öffentlich angesprochen. Selbst in der Landesplanerischen Feststellung zur B212n wird eingestanden, dass zum Zeitpunkt der Antragskonferenz im Frühjahr 2004 die verkehrliche Belastung von Delmenhorst im Grundsatz bekannt war. Dass der Bundestag bei der Aufstellung der Bedarfspläne im Herbst 2004 über diese Problematik nicht informiert war, stellt einen erheblichen Mangel im Verfahren zur B212n dar. Die Inaussichtstellung einer §6 Entscheidung durch das BMVBS Anfang 2011 ist daher nicht gerechtfertigt und eine  Aufnahme des Vorhabens in den Straßenbauplan juristisch anfechtbar.
Die Planungsgrundlage dieser OU ist rechtlich fragwürdig. Die Linie der B212n weiterhin offen. Der NABU fordert daher die Planungen zu einer OU von Delmenhorst zu beenden.
Nullvariante
Die Planung zu einer Ortsumgehung Delmenhorst ist nur nötig, weil die B212neu entstehen soll. Die Stadt Delmenhorst wird dann mit erheblichen Durchgangsverkehren belastet. Diese führen vor allem im Norden von Delmenhorst zu erheblichen Immissionsbelastungen.
In der Aktualisierung der Verkehrsprognose A 281 (IVV 2006) wird im Plan Fall 1 (Sonderfall des Prognose Null Falls) die Weserquerung im Zuge der A281 angenommen. Aus diesem Planfall geht folgendes hervor: Für den größten Teil des niedersächsischen Untersuchungsraumes sind die durch den Bau der Weserquerung im Zuge der A281 ausgelösten Belastungsveränderungen eher von untergeordneter Bedeutung.
Das bedeutet: Wenn die B212neu nicht gebaut wird, verändert sich auch das Verkehrsaufkommen in Delmenhorst und in Richtung Wesermarsch kaum und somit ist auch keine Ortsumgehung nötig. Im Falle der B212n handelt es sich um eine reine Angebotsplanung!
 Durch den Bau des Güterverkehrszentrums (GVZ) und der A281 BA 3.2 und  BA 4 wurde im Bereich der Planungen schon sehr viel Natur, vor allem Lebensraum für Wiesenvögel, vernichtet, die nur zum Teil in angrenzenden Gebieten ausgeglichen wurden und im Rahmen der neuen Planungen  beeinträchtigt werden könnten.  Andere Ausgleichsflächen sind in weiter Ferne entstanden. So wird immer mehr Natur zerstört und zusammenhängende Gebiete werden voneinander getrennt. Diese Situation würde durch die B212n und durch die Umgehungsstraße weiter verschärft.
Auch für die Menschen gehen immer mehr ortsnahe Erholungsfläche durch Versiegelung und Lärmbelastung  verloren. Landwirtschaftlich nutzbare Flächen werden überbaut.  Ausgleichsflächen sind zum Teil in weiter Ferne und haben keinen Naherholungswert. Mögliche Ausweichflächen für Tiere und Pflanzen sind kaum noch zu finden. Eine stark gefährdete Restnatur muss zunehmend vor Störungen geschützt werden und steht somit für den Menschen kaum mehr zur Erholung zur Verfügung.
Der NABU kann nur weiterhin fordern, die gesamte Planung der B212neu, die eine reine Angebotsplanung ist, und die Planungen der OG Delmenhorst einzustellen und die gesparten Gelder für den eventuellen Ausbau und die Instandsetzung der vorhandenen Straßen zu nutzen.
Schlussbemerkung
Sollte das Verfahren trotz der vorgetragenen Einwendungen fortgesetzt werden, darf der Umstand, dass der NABU heute keine weiteren Untersuchungen verlangt,  nicht dahingehend interpretiert werden, dass derartige Untersuchungen aus Sicht des NABUs nicht nötig seien. Welche Untersuchungen über die in den Unterlagen dargestellten hinaus und während der Antragskonferenz von den anwesenden Teilnehmern gefordert, erforderlich sind, wird sich zum Teil ohnehin erst im Laufe des Verfahrens konkretisieren. Der NABU wird, sollten sich weitere Untersuchungen herausstellen, im weiteren Verfahren darauf hinweisen.
Für den NABU Delmenhorst
Bettina Janßen
1.Vorsitzende
Susanne Niemeck
Schriftführerin